Rechtsanwalt Dr. Herbert Laimböck

Entscheidend ist nicht die äußere Erscheinungsform (Formulierung) der Versicherungsklausel,

sondern deren materieller Inhalt.

Beim Risikoausschluss wird von Anfang an ein bestimmter Gefahrenumstand von der versicherten Gefahr ausgenommen, ohne dass es dabei auf ein schuldhaftes, pflichtwidriges Verhalten des Versicherungsnehmers ankäme. Das versicherte Risiko wird also objektiv begrenzt.

Obliegenheiten hingegen erfordern gewisse Verhaltensweisen des Versicherungsnehmers und bestimmte Rechtsfolgen für ihre willkürliche und schuldhafte Verletzung.

Enthalten Versicherungsbedingungen eine Verhaltensanordnung, die ihrem Inhalt nach eine Obliegenheit ist, muss dies im Hinblick auf § 15a VersVG auch dann nach § 6 VersVG beurteilt werden, wenn sie als Risikoausschluss konstruiert sind; sog verhüllte Obliegenheiten.

Entscheidend ist daher, ob die Klausel eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der Versicherer Schutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes, meist vorbeugendes oder auch dokumentierendes Verhalten des Versicherungsnehmers verlangt, wovon abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder verliert.

Gemäß Art. 1 Abs. 7 lit. e AStB 1986 haftet der Versicherer nicht für Schäden, die dadurch entstehen, dass sich die versicherten Gebäude in einem baufälligen Zustand befanden bzw. ganz oder teilweise mangelhaft instand gehalten wurden. Diese Klausel ist als Begrenzung des Risikos des Versicherers, sohin als Risikoausschluss zu verstehen, weil Schäden ausgeschlossen werden sollen, die an der Sache eintreten, die sich im Versicherungsfall in einem bestimmten, und zwar das Schadensrisiko erhöhenden Zustand befinden. Diese Klausel bezieht sich also nicht vordergründig auf ein Verhalten des Versicherungsnehmers, sondern auf den Zustand einer Sache. Aus dem Sinn der Versicherung und den Bedingungen ergibt sich klar, dass sich der Versicherungsschutz nicht auf die Erhaltung von baufälligen Gebäuden bezieht, sondern auf den Schutz vor Schäden, die primär durch Schneedruck verursacht werden (Risikoausschluss).

Hingegen stellt Art. 4 AStB 1986, nämlich die Verpflichtung des Versicherungsnehmers, die versicherten Gebäude, vor allem das Dachwerk, laufend instand zu halten, auf ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers ab, welches – zum Vorteil des VN – zulässigerweise abweichend den Versicherer nur im Falle der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung von der Verpflichtung zur Leistung befreit (Obiegenheit).

Unter dem Begriff baufällig ist zu verstehen, dass ein Gebäude sich in einem äußerst schlechten baulichen Zustand befindet, also schon durch geringste atypische Anlässe vom Einsturz bedroht ist (7 Ob 274/06d).